Themenkreis * Wiener Quantenphysiker weisen "spukhafte Fernwirkung" nach 

Kat.: Alle Kategorien

 

12. Nov. 2015

Wiener Quantenphysiker weisen "spukhafte Fernwirkung" nach

Internationaler Forscherteam gelang Nachweis der Quantenverschränkung in bisher ungeahnter Genauigkeit

Wien - In einer internationalen Zusammenarbeit rund um Quantenphysiker Anton Zeilinger gelang es Quantenforscher/inne/n der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation der Fakultät für Physik an der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) Wien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die von Albert Einstein einst als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnete Verschränkung von Teilchen erstmals vollständig nachzuweisen. Darüber berichten die Forscher/innen in einer Veröffentlichung auf der Open Access-Plattform arXiv.org, die zeitgleich auch beim Fachblatt "Physical Review Letters" eingereicht wurde.

Bei der "spukhaften Fernwirkung" handelt es sich um ein Phänomen der Verknüpfung von kleinsten Teilchen mit Besonderheiten, die mit unserer alltäglichen Weltanschauung nur schwer in Einklang zu bringen sind: Einerseits haben Messungen an einem der Teilchen sofortige Wirkungen auf das andere Teilchen, selbst wenn die beiden weit voneinander entfernt sind, wodurch es zu stark korrelierten Messergebnissen kommt. Andererseits sind, gemäß der Quantentheorie, die gemessenen Eigenschaften der Teilchen bis zu ihrer Messung unbestimmt.

Bereits 1964 hatte der Physiker John Bell einen Vorschlag formuliert, wie sich diese Fernwirkung experimentell überprüfen lasse. Bei allen bisherigen Experimenten zur Quantenverschränkung blieben aber stets noch Schlupflöcher, sogenannte "loopholes", bestehen. Nun aber gelang es Forscher/inne/n von Universität Wien und ÖAW diese "loopholes" mit einer speziellen Versuchsreihe im Keller der Wiener Hofburg zu schließen. Die Erbringung dieses quantenmechanischen Mosaiksteins konnte damit in Wien und bei einem zeitgleich vom US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST) durchgeführten Experiment erreicht werden (siehe: http://www.nist.gov/pml/div686/20151105loophole.cfm ).

Bei ihrem Experiment in einem Kellergang der Wiener Hofburg gingen die Forscher/innen folgendermaßen vor: Zunächst wurden Photonen paarweise erzeugt und in einem speziellen Aufbau miteinander verschränkt. Anschließend wurden die beiden Lichtteilchen getrennt, um sie in optischen Glasfasern zu zwei, jeweils 30 Meter entfernten Messstationen zu schicken. Während die Photonen auf dem Weg zu den Messstationen waren, wählte ein Zufallsgenerator die Ausrichtung zur Messung der Polarisation, also der Richtung ihrer Schwingung. Schließlich wiesen neuartige hochempfindliche supraleitende Detektoren die Photonen bei den Messstationen nach.

Durch die spezielle räumliche Ausrichtung und den zeitlichen Ablauf der einzelnen experimentellen Schritte konnten die Forscher/innen in Wien die drei wichtigsten Schlupflöcher in einem Experiment schließen: Zum einen ist es durch die räumliche Trennung der beiden Messstationen unmöglich, dass sich die Messapparate durch Kommunikation, deren Geschwindigkeit durch die Lichtgeschwindigkeit limitiert ist, gegenseitig "absprechen" können, um so die starke Korrelation der Messergebnisse zu erzeugen. Zum anderen wurde die Wahl der Messeinstellung von einem Zufallsgenerator getroffen und zeitlich so arrangiert, dass Unabhängigkeit gewährleistet werden kann. Und schließlich wurde mithilfe der hochempfindlichen Photonendetektoren und einer hocheffizienten Quelle der verschränkten Teilchen sichergestellt, dass ein repräsentativer Teil aller erzeugten Teilchen auch nachgewiesen werden konnte.

"Ein Experiment ohne Schlupflöcher ist gleichzeitig die Bestätigung, dass Quantenkryptographie wirklich abhörsicher sein kann", sagt Quantenphysiker Anton Zeilinger: "Unser Experiment war eine experimentelle tour de force über mehrere Jahre. Das Resultat war nur möglich, weil das Experiment mehrere Komponenten zusammenbringt, die den besten Stand der technologischen Entwicklung repräsentieren."

Neben den Forscher/inne/n von Universität Wien und ÖAW waren auch Wissenschaftler/innen folgender Institutionen an dem Experiment beteiligt: Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching bei München, Institutionen för Systemteknik der Universität Linköping, ICFO – Institut de Ciencies Fotoniques, Barcelona, ICREA -Institución Catalana de Investigación y Estudios Avanzados, Barcelona, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Berlin, NIST -National Institute for Standards and Technology, Boulder/Colorado.

Die Forschungsarbeit wurde unterstützt von: European Research Council, FWF - Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Österreichische Akademie der Wissenschaften.

Publikation
Marissa Giustina, Marijn A. M. Versteegh, Sören Wengerowsky, Johannes Handsteiner, Armin Hochrainer, Kevin Phelan, Fabian Steinlechner, Johannes Koer, Jan-Ake Larsson, Carlos Abellán, C Amaya, Valerio Pruneri, Morgan W. Mitchell, Jörn Beyer, Thomas Gerrits, Adriana E. Lita, Lynden K. Shalm, Sae Woo Nam, Thomas Scheidl, Rupert Ursin, Bernhard Wittmann, Anton Zeilinger (2015).

A significant-loophole-free test of Bell's theorem with entangled photons. arXiv:1511.03190
Link zur Publikation: http://arxiv.org/abs/1511.03190

Österreichische Akademie der Wissenschaften

 

1 .... 17    18    19 .... 38
Atlanta - 15. Oktober 2019
 

Emissionen von 3D-Druckern belasten Lunge

Folgen auf Zellkulturen aus den Atemwegen untersucht - Vor allem Kunststoff ABS schädlich

Karlsruhe - 14. Oktober 2019
 

Mehr Wald und weniger Fleisch retten Klima

Forscher fordern Vergrößerung der Waldflächen und eine Umstellung des Lebensmittelsystems

Berlin - 10. Oktober 2019
 

E-Books: Kein Wachstum mehr in Deutschland

Markt stagniert weiter - Nur jeder Vierte liest wie auch schon vor fünf Jahren digitale Bücher

 
Siena - 08. Oktober 2019
 

Sport lindert die Folgen einer Krebstherapie

Wissenschaftliche Untersuchung zeigt: Patienten neigen sonst zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen

London - 08. Oktober 2019
 

Immer mehr Millennials im Handy-Dauerstress

Jeder zweite britische Nutzer wünscht sich, dass Smartphones nie erfunden worden wären

Fort Collins - 07. Oktober 2019
 

Schlechte Luft heißt auch mehr Gewaltverbrechen

Zehn Mikrogramm P2,5-Feinstaub pro Kubikmeter lässt Zahl der Straftaten um 1,4 Prozent steigen

 
Atlanta - 04. Oktober 2019
 

Tiefe Hirnstimulation hilft bei Depressionen

Neue Studie aus den USA weist erstmals eine langfristige positive Wirkung auf Patienten nach

Nashville - 23. September 2019
 

Handys lenken ab und verändern die Realität

Experimente mit Farben bestätigen: Beeinträchtigte Wahrnehmung brennt sich ins Gedächtnis

Wien - 20. September 2019
 

Alpenflora reagiert zu spät auf Klimawandel

Keine der in einer Studie aus Wien untersuchten 135 Pflanzenarten ist verzögerungsfrei gefolgt

 
Frankfurt am Main - 17. September 2019
 

Chemiekeule in Plastikverpackungen ermittelt

ISOE-Forschungsgruppe PlastX weist mehr als 1.000 Substanzen in Kunststoffprodukten nach

Vancouver - 13. September 2019
 

Spezielle Antibiotika schädigen das Herz stark

Kanadische Forscher warnen vor Präparaten, die auf Basis von Fluorchinolon hergestellt wurden

Bremerhaven/Bremen - 13. September 2019
 

Meereisbedeckung in der Arktis nimmt ab

Bremer Forscher ermitteln zweitniedrigstes September-Minimum seit Beginn der Beobachtungen

 
1 .... 17    18    19 .... 38

© 2024 by Themenkreis und der jeweiligen Aussender. Alle Rechte vorbehalten.

  RSS-Feed     Impressum & Disclaimer