Themenkreis * Startpfiff für selbstfahrende Autos in Österreich 

Kat.: Politik/Chronik

 

9. Jun. 2016

Startpfiff für selbstfahrende Autos in Österreich

Wie sinnvoll und sicher sind automatisch gesteuerte Fahrzeuge?

Kann selbstfahrenden Autos bedenkenlos vertraut werden? Gefahrenpotential durchaus gegeben.

Wien - Um die Einführung selbstfahrender Autos auch in Österreich voranzutreiben, investiert das Verkehrsministerium 20 Millionen Euro. Vorab sollen damit eigene Laborstrecken eingerichtet werden, um die neuen Kfz-Technologien auf Herz und Niere zu prüfen. Bis die autonomen Fahrzeuge jedoch auf unseren Straßen zum normalen Bild werden, müssen noch viele offene Fragen geklärt werden. Wer z.B. haftet für Schäden im Falle eines Unfalls? Politik und Industrie sieht dem Projekt jedenfalls sehr optimistisch entgegen. So erwartet sich das Verkehrsministerium mehr Sicherheit auf unseren Straßen und die Industrie für florierende Aufträge durch den neuen Mobilitätstrend.

Sicherheit hat viele Facetten

Im Zusammenhang mit selbstfahrenden Autos denkt man beim Thema Sicherheit naturgemäß zuerst daran, ob die Autos auch tatsächlich in allen Situationen unfallfrei und wegrichtig ihr Ziel finden. Wenn man bedenkt, dass sogar Flugzeuge bereits seit geraumer Zeit vollautomatisch und nachweislich sicher gelandet werden können, müsste eine Automatisierung auf der Straße eigentlich auch möglich sein. Zweifel der technischen Machbarkeit scheinen somit unbegründet zu sein - soweit die Theorie.
 
In der Praxis lauern dennoch einige Hindernisse, die den automatisierten Fahrbetrieb gefährlich bis sogar unmöglich machen könnten. So ist erst vor kurzem ein automatisiertes Fahrzeug des Modells X der Marke Tesla in ein Haus gekracht. Der Hersteller schiebt die Schuld auf die Fahrerin, die angeblich Gas- und Bremspedal miteinander verwechselt haben soll. Der Fahrzeugbesitzer wiederum gab zu Protokoll, dass das Fahrzeug, mit dem seine Frau gefahren war, eigenmächtig, plötzlich und unerwartet beschleunigt haben soll. Nun gut die Automatisierung von Autos ist noch eine relativ junge Technologie und Fehler können passieren - Fehler, die sich für die Zukunft ausmerzen lassen können. Sicherheit bei elektronischen Geräten mit Mikroprozessoren? Da war doch noch etwas!
 
Angriff durch Cyberkriminelle
 
Eine viel entscheidendere Frage ist, wie sicher ist die für die Automatisierung verantwortliche Elektronik vor Anschlägen durch Cyberkriminelle? So haben Hacker bereits eindrucksvoll vorgeführt, wie man mit einer Investition von gerade mal 20,- Euro die Kfz-Elektronik hacken kann und so z.B. die Bremsfunktion des Autos während der Fahrt beliebig manipulieren oder den Airbag auslösen kann. Moderne Autos, die bereits seit einigen Jahren mit Elektronik vollgepumpt sind, sind kaum geschützt gegen Cyberangriffe - und 100-prozentigen Schutz gibt es nicht, wie uns die Welt der IT täglich lehrt, die mit Sicherheitsmaßnahmen gegen ungewollte Angriffe übersät ist. Man stelle sich nun vollautomatisierte Automobile vor, die den Hackern noch wesentlich mehr Angriffsflächen bzw. Möglichkeiten offerieren als heutige Autos, um Kotrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Wenn die Automobauer meinten, sie könnten alle Sicherheitslücken ausräumen, so zeigt eben die Erfahrung aus der IT-Welt, dass dem nicht so ist. Der destruktiven Kreativität von Hackern sind kaum Grenzen gesetzt, um immer wieder neue Schlupflöcher aufzuspüren, durch die sie die Funktionssicherheit aushebeln können.
 
Aus heutiger Sicht könnte die Praxis so aussehen, dass der stolze Besitzer eines selbstfahrenden Kraftfahrzeugs immer wieder zum Hersteller "heimkehren" wird müssen, um dort ein neues aktuelles Softwareupdate für sein Auto zu bekommen, mit dem die neu entstandenen Sicherheitslecks geschlossen werden können - aber auch dabei werden nicht alles Lecks geschlossen, sondern nur jede, die bekannt sind. Dem IT-affinen Leser ist wohl bereits klar: dieses Spiel wird zu einer "Never Ending Story" entarten.
 
Globale Gesetze gegen Cyberkriminalität gefordert
 
Um diesem Manko optimistisch für die Zukunft entgegenzusehen, wäre es die allererste Notwendigkeit, dass sich die Politik auf globaler Ebene dazu entschließen könnte, der Cyberkriminalität entschlossen entgegenzuwirken und entsprechende international verbindliche Gesetzte erlässt, mit denen dies möglich ist. Obwohl täglich Schäden in Millionenhöhe durch die Cyberkriminalität entstehen, konnte man eine solche internationale Entschlossenheit nicht ausmachen. Es ist leider zu bezweifeln, dass sich daran bis zur Einführung selbstfahrender Automobile etwas ändern wird. Unter dieser Prämisse scheint eine Einführung automatisierter Fahrzeuge unverantwortlich zu sein.
 
Links:
 http://www.spiegel.de/auto/aktuell/computerexperten-hacken-auto-software-a-914783.html
 http://www.theverge.com/2016/6/7/11876794/tesla-model-x-crash-unintended-acceleration
 
 

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