27. Jul. 2023
	
	
	
	
	
	Zürich - Studien der letzten Jahre zeigen, dass viele Berufstätige ihre Arbeit als  gesellschaftlich nutzlos erachten. Für das Phänomen wurden unterschiedliche  Erklärungen vorschlagen. Die viel diskutierte «Bullshit-Job-Theorie» des  amerikanischen Anthropologen David Graeber besagt etwa, dass einige  Arbeitsplätze objektiv nutzlos seien und dies in bestimmten Berufsfeldern  häufiger vorkomme als in anderen.
Andere Studien gehen davon aus, dass die konkreten Berufe für die negative  Einschätzung der Arbeitnehmenden nicht relevant sind und Menschen ihre Jobs als  sozial nutzlos empfinden, wenn sie unter schlechten Arbeitsbedingungen und  Entfremdung leiden. Dies ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit, wie eine neue  Studie des Soziologen Simon Walo von der Universität Zürich nun zeigt. Sie  stützt die Relevanz der Berufsfelder erstmals quantitativ.
	
	Bürojobs fast doppelt so häufig betroffen
In seiner Studie analysierte Walo Umfragedaten von 1811 Personen in den USA, die  in 21 verschiedenen Berufen tätig sind und gefragt wurden, ob ihre Arbeit ihnen  das «Gefühl vermittle, einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten» und  ob sie «das Gefühl hätten, nützliche Arbeit zu leisten». Die Umfragedaten aus  dem Jahr 2015 zeigen, dass 19 Prozent der Befragten über alle Berufe hinweg  diese Fragen mit «nie» oder «selten» beantworten.
Walo analysierte diese Daten, indem er Berufstätige mit ähnlichen  Arbeitsbedingungen miteinander verglich. Dabei stellte er fest, dass die  Berufsfelder durchaus einen Einfluss auf die empfundene Sinnlosigkeit hatten,  wenn die Arbeitsbedingungen als Faktor ausgeschlossen wurden. So wiesen  Arbeitnehmende in Berufen, die Graeber als besonders nutzlos eingestuft hatte,  die meisten negativen Antworten auf. Erwerbstätige in Finanz- und  Verkaufsberufen gaben beispielsweise mehr als doppelt so häufig wie andere an,  dass sie ihre Jobs als gesellschaftlich nutzlos erachten. Ebenfalls klare  Abweichungen fanden sich bei Managern und Büroangestellten (1,6 bzw. 1,9-mal  häufiger als andere).
Jobs im Privatsektor häufiger als nutzlos empfunden
«Die ursprünglichen Daten, die Graeber präsentiert hat, waren hauptsächlich  qualitativer Natur, was es schwierig machte, das Ausmass des Problems zu  bewerten», erklärt Walo. «Diese Studie erweitert bestehende Analysen, indem sie  auf einen umfassenden, noch wenig genutzten Datensatz aus den USA zurückgreift.  Sie ist damit die erste Studie, die statistische Evidenz dafür liefert, dass  auch das Berufsfeld für die Einschätzung von Sinnhaftigkeit ausschlaggebend sein  kann.»
Zudem stellte Walo fest, dass der Anteil der Arbeitnehmenden, die ihre Jobs als  sozial nutzlos betrachten, im Privatsektor höher ist als im Non-Profit oder im  öffentlichen Sektor.
Bullshit Jobs – ein komplexes Phänomen
Walos Studie bestätigt aber auch andere Faktoren, welche die Wahrnehmung der  eigenen Arbeit beeinflussen, darunter etwa Entfremdung, ungünstige  Arbeitsbedingungen oder soziale Interaktion. «Die Einschätzung der  Arbeitnehmenden, ob ihre Arbeit als sozial nutzlos empfunden wird, ist ein sehr  vielschichtiges Thema, das aus verschiedenen Blickwinkeln angegangen werden  muss», kommt der Autor deshalb zum Schluss. «Sie hängt von verschiedenen  Faktoren ab, die nicht zwingend etwas mit der von Graeber behaupteten  tatsächlichen Nützlichkeit der Arbeit zu tun haben. So kann es vorkommen, dass  Menschen ihre Arbeit auch deshalb als gesellschaftlich nutzlos ansehen, weil  ungünstige Arbeitsbedingungen sie als sinnlos erscheinen lassen.»
Literatur:
Simon Walo: ‘Bullshit’ After All? Why People Consider Their Jobs Socially  Useless. Work, Employment and Society. 21 July 2023. DOI:  10.1177/09500170231175 
Quelle: DeutscheGesundheitsPortal als Quelle angeben
	
	
	Deutsches Gesundheitsportal