5. Dez. 2024
Bilbao/Madrid - Über die Hälfte der Weltbevölkerung verwendet im Alltag zwei oder mehr Sprachen, was dieselben Menschen unterschiedlich wirken lässt. Vor allem die Verarbeitung von Emotionen durch den Sprechenden verändert sich laut Mari Mar Boillos Pereira von der Universidad del País Vasco und Ana Blanco Canales von der Universidad de Alcalá.
Wutausbrüche in Zweitsprache
Die Muttersprache hat tendenziell einen emotionalen Vorteil gegenüber der
Zweitsprache, schreiben die Expertinnen in "The Conversation". Zwei- oder
mehrsprachige Menschen empfinden demnach eine größere emotionale Intensität,
wenn sie ihre Muttersprache sprechen, insbesondere wenn sie sich an Erfahrungen
erinnern, die sie in dieser Sprache gemacht haben. So könnten sie
Kindheitserinnerungen in ihrer Muttersprache lebendiger beschreiben als in der
Zweit- oder Drittsprache.
Die Zweitsprache erlaube dagegen eine gewisse emotionale Distanz, sodass der
Sprecher in komplexen Situationen weniger Angst oder Scham empfindet, wenn er
beispielsweise Wut ausdrücken oder sich entschuldigen muss. Neuere Studien
deuteten zudem darauf hin, dass jede Sprache ihre Nutzer dazu bringen kann, die
Realität auf unterschiedliche Weise wahrzunehmen, und dass Menschen sogar eine
Veränderung an sich selbst bemerken können, wenn sie die Sprache wechseln.
Interkulturelle Kommunikation
Und andere Studien hätten den Wissenschaftlerinnen zufolge deutlich gezeigt,
dass sich zweisprachige Menschen je nach verwendeter Sprache unterschiedlich
verhalten können. Auch die Menschen, die mit ihnen sprechen, nehmen sie je nach
Sprache, die sie sprechen, unterschiedlich wahr, heißt es.
"Unsere Lebenserfahrungen, das Alter, in dem wir eine Sprache erlernt haben, und
der Kontext, in dem wir sie verwenden, beeinflussen, wie wir unsere Emotionen in
verschiedenen Sprachen verarbeiten und ausdrücken. Das Verständnis dieser
Dynamik bereichert nicht nur unser Wissen über Sprache und den menschlichen
Geist, sondern hilft uns auch, die interkulturelle Kommunikation und das
emotionale Verständnis in einer zunehmend vielfältigen und vernetzten Welt zu
verbessern."
Pressetext.Redaktion