29. Apr. 2022
	
	
	
	
	
	Köln - Sie befürworten seine Besonnenheit und warnen vor einem 3. Weltkrieg. Der  vollständige Brief hier. Ebenso die Gesamtliste der ErstunterzeichnerInnen. Ab  sofort kann jede und jeder unterzeichnen! Hier der Offene Brief auf  Englisch und  Französisch.
	
	Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
wir begrüßen, dass Sie bisher so genau die Risiken bedacht hatten: das Risiko  der Ausbreitung des Krieges innerhalb der Ukraine; das Risiko einer Ausweitung  auf ganz Europa; ja, das Risiko eines 3. Weltkrieges. Wir hoffen darum, dass Sie  sich auf Ihre ursprüngliche Position besinnen und nicht, weder direkt noch  indirekt, weitere schwere Waffen an die Ukraine liefern. Wir bitten Sie im  Gegenteil dringlich, alles dazu beizutragen, dass es so schnell wie möglich zu  einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten  akzeptieren können.
Wir teilen das Urteil über die russische Aggression als Bruch der Grundnorm des  Völkerrechts. Wir teilen auch die Überzeugung, dass es eine prinzipielle  politisch-moralische Pflicht gibt, vor aggressiver Gewalt nicht ohne Gegenwehr  zurückzuweichen. Doch alles, was sich daraus ableiten lässt, hat Grenzen in  anderen Geboten der politischen Ethik.
Zwei solche Grenzlinien sind nach unserer Überzeugung jetzt erreicht: Erstens  das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Krieges zu  einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen. Die Lieferung großer Mengen schwerer  Waffen allerdings könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen. Und ein  russischer Gegenschlag könnte so dann den Beistandsfall nach dem NATO-Vertrag  und damit die unmittelbare Gefahr eines Weltkriegs auslösen. Die zweite  Grenzlinie ist das Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der  ukrainischen Zivilbevölkerung. Selbst der berechtigte Widerstand gegen einen  Aggressor steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis.
Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für  die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen  Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu  einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die  Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an  Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die  Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind  universaler Natur.
Die unter Druck stattfindende eskalierende Aufrüstung könnte der Beginn einer  weltweiten Rüstungsspirale mit katastrophalen Konsequenzen sein, nicht zuletzt  auch für die globale Gesundheit und den Klimawandel. Es gilt, bei allen  Unterschieden, einen weltweiten Frieden anzustreben. Der europäische Ansatz der  gemeinsamen Vielfalt ist hierfür ein Vorbild.
Wir sind, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, überzeugt, dass gerade der  Regierungschef von Deutschland entscheidend zu einer Lösung beitragen kann, die  auch vor dem Urteil der Geschichte Bestand hat. Nicht nur mit Blick auf unsere  heutige (Wirtschafts)Macht, sondern auch in Anbetracht unserer historischen  Verantwortung - und in der Hoffnung auf eine gemeinsame friedliche Zukunft.
Wir hoffen und zählen auf Sie!
Hochachtungsvoll
Die Erstunterzeichner und -innen
Andreas Dresen, Filmemacher
Lars Eidinger, Schauspieler
Dr. Svenja Flaßpöhler, Philosophin
Prof. Dr. Elisa Hoven, Strafrechtlerin
Alexander Kluge, Intellektueller
Heinz Mack, Bildhauer
Gisela Marx, Filmproduzentin
Prof. Dr. Reinhard Merkel, Strafrechtler und Rechtsphilosoph
Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Politikwissenschaftler
Reinhard Mey, Musiker
Dieter Nuhr, Kabarettist
Gerhard Polt, Kabarettist
Helke Sander, Filmemacherin
HA Schult, Künstler
Alice Schwarzer, Journalistin
Robert Seethaler, Schriftsteller
Edgar Selge, Schauspieler
Antje Vollmer, Theologin und grüne Politikerin
Franziska Walser, Schauspielerin
Martin Walser, Schriftsteller
Prof. Dr. Peter Weibel, Kunst- und Medientheoretiker
Christoph, Karl und Michael Well, Musiker
Prof. Dr. Harald Welzer, Sozialpsychologe
Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist
Juli Zeh, Schriftstellerin
Prof. Dr. Siegfried Zielinski, Medientheoretiker
Wer den offenen Brief ebenfalls unterzeichnen möchte,
bitte ab sofort auf  Change.org
Quelle:  https://www.emma.de/artikel/offener-brief-bundeskanzler-scholz-339463
	
	
	Emma