Themenkreis * Der Testbetrieb für die berittene Polizei läuft in Wien an 

Kat.: Wissen/Technik

 

2. Jul. 2018

Der Testbetrieb für die berittene Polizei läuft in Wien an

Verhaltensbiologe Laurent Amann gibt gute Gründe dagegen und warnt vor den Gefahren für Tier und Mensch

Wien - Die Pferde sollen zukünftig bei Kundgebungen und Fußballspielen zum Einsatz kommen. Verhaltensbiologe und Tierflüsterer Laurent Amann warnt weiterhin davor, Pferde in der Polizei einzusetzen, und gibt gute Gründe gegen eine berittene Polizei.„Pferde bei unruhigen Kundgebungen und lauten Fußballspielen einzusetzen, ist gegen ihr Naturell und ist damit Tierquälerei“, so Tierflüsterer Laurent Amann, der zum Protest gegen dieses Vorhaben vom Innenministerium aufruft. Pferde reagieren bei lauten Geräuschen, vielen Menschen und in einem aggressiven Umfeld gestresst bis zu panisch, auch wenn sie darauf trainiert wurden. Diese Tiere können unter massivem Druck stehen, überfordert reagieren und folglich zu einer Gefahr für den Menschen werden.

Laut dem Leiter der bayerischen Reiterstaffel Andreas Freundorfer kann „das Pferd lernen, mit seinem Fluchtinstinkt umzugehen und sich an akustische und optische Reize oder Berührungsreize zu gewöhnen“. Für den Verhaltensbiologen und Tierforscher Laurent Amann hat Gewöhnungsarbeit jedoch eine Toleranzgrenze, die bei unruhigen Menschenansammlungen und extremem Lärm überschritten wird. Solche starken Reize sind für jedes Pferd unzumutbar. Das Tier muss von seiner Wahrnehmung und Emotionen stark abstumpfen, um im Einsatz zu „funktionieren“. Es lässt gezwungenermaßen alles über sich ergehen, was in der Tierkognition als „erlernte Hilflosigkeit“ bekannt ist. Das Pferd kapselt sich von seiner Umgebung ab, für ein soziales Wesen ein leidvoller Zustand.
 
„Pferde sind als Beute- und Fluchttiere extrem feinfühlige Lebewesen, die auf ihre Umwelt hochsensibel reagieren. Es ist gegen ihre Natur, sie auf solch starken Reizen in Kundgebungen und Fußballspielen zu gewöhnen. Mit dieser Gewöhnungsarbeit lassen sich Angst und Stress bei einem Pferd nicht beseitigen, lediglich unterdrücken. Das Pferd lernt nur, Stress, Schmerz, Schreckgefühle und Überforderung nicht zu zeigen. Doch das kann auch schiefgehen, wenn die Emotionen unerträglich werden. Dann ist ein über 500 Kilogramm schweres Lebewesen eine Gefahr für sich selbst und andere“, so Amann.
 
Pferde haben ein sehr feines Gehör, das sich bis in den Ultraschall-Bereich bewegt, doppelt so sensibel als beim Menschen. Sie sind in der Lage, Töne mit einer Frequenz von 25.000 Hertz und höher wahrzunehmen. Ein Fußballspiel oder eine Kundgebung bedeutet somit für ein Pferd eine massive Reizüberflutung, vergleichbar beim Menschen mit einem schrecklich lauten Lautsprecher am Ohr.
 
Tierflüsterer Laurent Amann erklärt, dass das Pferd ein soziales Beute- und Fluchttier ist. Beutetiere fürchten ums Überleben, wenn die Umgebung nicht ihren natürlichen Bedingungen entspricht. Sie fühlen sich lebensbedroht, sobald es hektisch, laut und unkontrolliert ist. Der Stress überträgt sich rasch von einem Tier zum anderen, Adrenalin wird im Körper freigesetzt und Muskeln werden angespannt. In diesem Zustand ist das Pferd nicht mehr kontrollierbar, ganz gleich wie intensiv die Desensibilisierung bisher war.
 
„Wonach sich Beute- und Fluchttiere sehnen ist Ruhe, Stabilität, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Alles, was man bei einer Demonstration und Fußballspiel nicht vorfindet. Ein Pferd ist kein Polizeiauto, das man nach budget- und einsatztaktischen Kriterien aussucht“, so Laurent Amann.

Laurent Amann

 

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