Themenkreis * Politik und Kirche müssen Menschen Sinn geben 

Kat.: Gesellschaft/Kultur

 

28. Mai 2020

Politik und Kirche müssen Menschen Sinn geben

Toleranzgespräche: Corona-Bewältigung erfordert Abkehr vom Egoismus

Fresach - Politik und Kirche sollten Menschen bei der Bewältigung der Corona-Krise unterstützen und Antworten auf die Frage nach dem Sinn geben können. Die Kirche muss dabei ihre starren Strukturen abwerfen, die Politik ihren Egoismen und nationalen Alleingängen entkommen. Das war der Grundtenor der zwei Nachmittagspanels bei den Europäischen Toleranzgesprächen https://fresach.org am Donnerstag in Fresach.

Kirche kann Sinn stiften

Der Psychotherapeutin Boglarka Hadinger zufolge brauchen die meisten Menschen gerade in einer Krise Sinn. "Diese Situation gibt uns auch die Möglichkeit, eine Kurskorrektur einzuleiten. Aber das kann nicht von heute auf morgen passieren, wir müssen uns Zeit nehmen", erläuterte die Leiterin des Viktor Frankl Instituts in Tübingen. Ein großes Thema in der Diskussion war die Sinnsuche in der Institution Kirche. Vor allem in Zeiten der Not sei die Kirche gefragt, so Hadinger.

Für Pastoraltheologin Regina Polak hat die Kirche zwar vor allem wegen der Missbrauchsskandale viel an Vertrauen eingebüßt, sie kann jedoch immer noch Sinn geben. "Die Kirche spielt auf der Gemeindeebene und im karitativen Bereich weiterhin eine große Rolle. Gerade hier muss sie heute ansetzen. Wir müssen bedenken, dass Glaube und Kirche nicht deckungsgleich sind. Die Menschen sind immer noch auf spiritueller Sinnsuche, die Kirche kann sie dabei unterstützen, auch wenn sie keine Gläubigen sind", sagte Polak.

In die Welt hinausgehen

Laut Josef Marketz, Bischof von Gurk-Klagenfurt, braucht es in der Kirche einen Strukturwandel: "Jede Institution hat ein Statut, die Kirche ist leider nicht endlos flexibel. Aber dennoch können wir alte Strukturen ablegen. Papst Franziskus selbst sagte, dass Christus schon lange aus der Kirche in die Welt hinausgegangen ist. Wir müssen das auch tun, viele junge Menschen kennen die Kirche gar nicht mehr und haben auch kein Interesse daran. Was wir tun können, ist bei den Menschen zu beginnen und dorthin gehen, wo sie sind", meinte der Geistliche.

Vor allem würden soziale Aktionen und Veranstaltungen dabei helfen, Menschen außerhalb der Kirche zu begegnen und zu gewinnen. Das Gefühl der Gemeinschaft sei essenziell für die Sinnsuche im Glauben. Das unterstrich auch die evangelische Pfarrerin Lydia Burchhardt. "Wir dürfen uns von der Vertrauenskrise nicht entmutigen lassen. Es gibt einen Raum für Kirche, der oft unsichtbar ist", erklärte Burchhardt.

Rolle in Demokratie erkennen

Aber nicht nur die Kirche, sondern auch die Politik muss sich reformieren und Bürgern Sinn geben. "Die Bürger müssen sich bewusst sein, welche Rolle sie in einer Demokratie spielen. Sie müssen nach mehr Eigenverantwortung und Autonomie streben", forderte Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. Sie kritisierte auch die immer stärker werdenden Fliehkräfte in Europa. Nationalismus, Populismus und vor allem Egoismus würden die Politik vieler Staaten prägen. Die Autorin Clementine Skorpil pflichtete dem bei. "Eigenwille führt zum Erstarren. Egal ob Europa oder einzelne Staaten, der ständige Fokus auf uns selbst schränkt uns nur ein", verdeutlichte Skorpil.

Der Psychotherapeut Wolfgang Martin Roth sieht die westliche Kultur als "Ich-zugewandt". Das Prinzip des "Strebens nach Glück" aus der US-Unabhängigkeitserklärung prägt uns noch heute. "Das resultiert teilweise in Narzissmus, Hedonismus und Selbstbeweihräucherung. In dieser egoistischen Gesellschaft ist es für Institutionen wie Politik oder Kirche schwer, Menschen zu sozialem Handeln zu bewegen. Dabei ist vor allem bei den Jungen das Potenzial für gesellschaftliche Verantwortung da, wie die 'Fridays for Future'-Bewegung zeigt", sagte Roth.

Literaturwissenschafter Wolfgang Müller-Funk empfiehlt einen "intelligenten Egoismus", der sich mit der Gemeinschaft verträgt. In der Politik und im privaten Leben sind Eigeninteressen nicht falsch. "Aber es ist wichtig, damit dem Allgemeinwohl nicht zu schaden. Wir müssen uns auf bestimmte gemeinsame Ziele einigen können."

Die zwei Live-Streams vom Nachmittag hier zum Nachschauen:

Toleranzforum I Aufbruch - wohin und wozu? + Kirchen im Off: Neue Rezepte für den Glauben
14-15.30: https://www.youtube.com/watch?v=NbEV_Sg-vRA (leider schlechte Tonqualität)

Toleranzforum II Demokratie im Aufbruch + Auszug aus der Gemeinschaft: Strategien gegen Egoismus
16-17.30: https://youtu.be/-FL9ua6w3hc (leider schlechte Tonqualität)

Pressetext.Redaktion

 

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