30. Mai 2023
	
	
	
	
	
	Wien - Österreich geht fahrlässig und verschwenderisch mit wertvollen Böden um, wie der  am Dienstag veröffentlichte WWF-Bodenreport zeigt: Seit der Jahrtausendwende  sind hierzulande rund 1.300 Quadratkilometer Boden verbraucht worden – das  entspricht mehr als 100 Quadratmetern pro Minute oder umgerechnet mehr als der  dreifachen Fläche der Bundeshauptstadt Wien. “Die Politik hat beim Bodenschutz  versagt. Seit es in Österreich ein Nachhaltigkeitsziel gibt, wird es konsequent  verfehlt. Österreich braucht daher rasch ein bundesweites Bodenschutzgesetz, das  den Flächenfraß bis 2030 um 90 Prozent reduziert“, sagt WWF-Programmleiterin  Hanna Simons. Als ersten Schritt fordert die Naturschutzorganisation von  Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, im Juni eine wirksame Bodenstrategie  vorzulegen. “Der bisherige Entwurf gleicht einer Kapitulation vor dem  Flächenfraß. Es fehlt jede Verbindlichkeit und Ambition, die dem Problem gerecht  wird”, kritisiert Simons. Denn derzeit liegt Österreich mit einem Bodenverbrauch  von im Schnitt 11,3 Hektar pro Tag (2019 bis 2021) um das Vierfache über dem  “Nachhaltigkeitsziel” des Bundes für 2030. Der WWF-Bodenreport liefert dafür 18  Lösungsvorschläge, die im Zuge eines “Bodenschutz-Vertrages” von Bund, Ländern  und Gemeinden umgesetzt werden sollen – darunter grundlegende Reformen in der  Raumordnung, Maßnahmen gegen die Zersiedelung und für die Ökologisierung des  Steuersystems.
	
	“Die Verbauung wertvoller Grünräume befeuert die Klimakrise und das  Artensterben. Ein weiter wie bisher wäre fatal”, sagt der Biodiversitätsforscher  und Wissenschafter des Jahres 2022 Franz Essl von der Universität Wien. Die  Bundesländer und Gemeinden seien bei der Verbauung großzügig, aber zum Beispiel  bei der Einrichtung von Schutzgebieten säumig. Ohne Trendwende wäre langfristig  auch die Versorgungssicherheit bedroht, da viele Böden für die  Lebensmittelproduktion verloren gehen und es immer weniger Rückzugsräume für die  Natur gibt. “Wir sägen am eigenen Ast”, warnt Essl. Durch die komplette  Versiegelung mit Beton oder Asphalt gehen überlebenswichtige Bodenfunktionen  verloren. Das erhöht das Risiko für lokale Überschwemmungen, füllt die  Grundwasservorräte weniger auf und führt im Sommer zu Hitzeinseln.
Die Anzahl der großen Fachmärkte und Einkaufszentren hat sich seit dem Jahr 2000  von 112 auf über 280 erhöht und damit weit mehr als verdoppelt. Zudem liegt  Österreich mit umgerechnet rund 1,5 Quadratmetern Einkaufsfläche pro Kopf auch  im EU-Spitzenfeld. “Immer noch lässt die Politik neue Einkaufs- und Gewerbeparks  auf der grünen Wiese zu, während die Ortszentren veröden und mit Leerständen  kämpfen. Das verstärkt die Zersiedelung des ländlichen Raums und hat hohe  Folgekosten für die Gesellschaft”, kritisiert WWF-Bodenschutzsprecher Simon  Pories. “Daher braucht es strengere und vor allem verbindliche Regeln in der  Raumordnung auf Bundes- und Landesebene. Denn solange Gemeinden allein über  Flächenwidmungspläne entscheiden, aber dabei primär Steuereinnahmen durch eine  Ausdehnung der Siedlungs- und Gewerbegebiete anstreben, wird sich das Problem  nicht lösen.”
Die Länge des Straßennetzes beträgt bereits rund 128.000 Kilometer, aber weite  Teile der Politik fordern immer noch neue hochrangige Straßen. “Die ständige  Erweiterung des Straßennetzes versiegelt wertvolle Äcker, sabotiert den  Klimaschutz und führt am Ende zu mehr Verkehr. Das ist wissenschaftlich seit  Jahrzehnten belegt, dennoch fehlt bisher ein Umdenken”, kritisiert Simon Pories  vom WWF. Ebenfalls falsche Anreize zum Bodenverbrauch setzen umweltschädliche  Subventionen in Milliardenhöhe. Daher fordert der WWF die sofortige Vorlage  eines Reform- und Abbauplans.
Der neue WWF-Bodenreport liefert aktuelle Zahlen, Beispiele aktueller  Negativprojekte, die größten Problemfelder und zahlreiche Lösungsvorschläge für  das Umweltproblem Flächenfraß. 
Die neue Ausgabe und Bildmaterial gibt es hier:   zum Download.
	
	
	WWF